Chinas wachsende politische und wirtschaftliche Bedeutung, das steigende Misstrauen und die Systemrivalität zwischen den USA
und China, gepaart mit der abnehmenden Bedeutung globaler Institutionen wie der WTO erfordern ein stärker geostrategisches
Handeln der EU. Die COVID-19-Pandemie sowie der Russland-Ukraine-Krieg haben die mögliche Verwundbarkeit internationaler Lieferketten
durch zu starke Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern vor Augen geführt und die Dringlichkeit für Anpassungen noch verstärkt.
Die notwendige geoökonomische Neuausrichtung hat bereichsübergreifenden Charakter und verlinkt Außenwirtschaftspolitik mit
außen- und sicherheitspolitischen Interessen, aber auch mit den Zielen der Industriepolitik, Klima- und Energiepolitik, Währungs-
und Finanzmarktpolitik bis hin zur Entwicklungspolitik. Sie stellt große und neue Anforderungen an die Wirtschaftsdiplomatie,
das Design wirtschaftspolitischer Instrumente, die Koordination zwischen nationalen und internationalen Akteuren und die Abwägung
diverser Zielsetzungen aus den unterschiedlichen Politikbereichen. Die Studie beschreibt die wichtigsten geoökonomischen Trends
sowie die damit zusammenhängenden Herausforderungen und leitet daraus wichtige strategische Leitlinien sowie wirtschaftspolitische
Handlungsoptionen für die EU und Österreich ab.
Commissioned by: Federal Ministry for Digital and Economic Affairs
Study by: Austrian Institute of Economic Research
Online since: 19.10.2022 0:00
The creation of uniform, legally binding norms and standards is an essential basis for the functioning of the EU single market,
which at the same time is increasingly spread beyond the EU's borders through international trade relations. The shaping of
global standards and regulations according to EU directives even beyond the EU's borders represents an important competitive
advantage of the EU. The EU also manages to impose rules, regulations and standards only through market mechanisms in third
countries without international treaties or agreements. This has in many areas contributed to the "Europeanisation" of important
aspects of global trade. In the academic literature, this regulatory influence of the EU is defined as the "Brussels Effect".
The focus of this study is to give a comprehensive overview of the Brussels Effect and to analyse the linkages regarding EU
trade policy, outlining to what extent a Brussels Effect can be observed in the network of EU trade agreements. Based on a
comprehensive and broad identification of the Brussels Effect, this study aims to quantify the trade effects in terms of the
leading role in shaping global standards and regulations for the EU and Austria and to qualitatively identify further areas
in which untapped potentials of a "Brussels Effect 2.0" seem possible in the context of EU trade policy.
Mit dem Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG 2022) wird in Österreich im Jahr 2022 eine CO2-Abgabe eingeführt,
die auf fossile Brennstoffverbräuche außerhalb des geltenden Anwendungsbereichs des EU-Emissionshandelssystems (EU-ETS) eingehoben
wird. Sie wird ausgehend von 30 € im Jahr 2022 schließlich 55 € je t CO2 im Jahr 2025 betragen. Zur Abfederung von besonderen
wirtschaftlichen Mehrbelastungen sieht das NEHG 2022 Ausgleichsmaßnahmen vor. Eine davon bezieht sich auf eine in Anlage 2
des Gesetzes enthaltene Liste von Wirtschaftszweigen, die zur Vermeidung von Carbon Leakage und zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit,
Entlastungen beantragen können. Eine weitere Ausgleichsmaßnahme zielt auf die Vermeidung von "besonderen Härtefällen" ab.
Derartige Härtefälle sind Unternehmen, deren Energieaufwand für fossile Energieträger am Gesamtaufwand bzw. deren CO2-Abgabenlast
im Verhältnis zur Wertschöpfung im Gesetz vorgesehene Grenzwerte überschreiten. Die vorliegende Evaluierung untersucht, in
welchen Branchen solche besonderen Härtefälle zu erwarten sind. Dazu wurden quantitative und qualitative Methoden eingesetzt
und Prognosen zur Energiepreisentwicklung bis 2025 erstellt.
Dieser Beitrag diskutiert die ökonomischen Auswirkungen einer Ausweitung der EU-Sanktionen auf Importe von Rohöl und verarbeiteten
Mineralölprodukten aus Russland. Diese Sanktionen könnten in Form eines Öl-Embargos oder weniger restriktiv und dadurch mit
unmittelbar weniger negativen Folgeeffekten für die Wirtschaft in der EU als Importzölle auferlegt werden. Russland ist (noch)
ein bedeutender Lieferant von Erdöl und Erdölprodukten. Innerhalb der EU ist die Importabhängigkeit von russischen Öllieferungen
sehr heterogen. Für Österreich ist Kasachstan das wichtigste Herkunftsland von Rohöl. Im Falle von russischen Gegenmaßnahmen
sind EU-Ölimporte aus anderen GUS-Ländern gefährdet. Kurzfristig kommen vor allem die OPEC-Länder als alternative Lieferquelle
in Betracht. Verarbeitete Mineralölprodukte, wie Benzin und Diesel, werden in Österreich fast ausschließlich aus anderen EU-Ländern
– vor allem Deutschland – bezogen und nicht direkt aus Russland importiert. Allerdings besteht dadurch eine hohe indirekte
Abhängigkeit. Eine Verknappung und in der Folge Verteuerung von Treibstoffen hätten negative Auswirkungen auf die Güter- und
Personenbeförderung. Importzölle dürften im Vergleich zu einem Öl-Embargo mehrere Vorteile aufweisen. Durch eine graduelle
Erhöhung verläuft die Anpassung der heimischen Wirtschaft über Preiseffekte besser als über eine unmittelbare Mengenreduktion.
Zudem kann das Instrument flexibel und strategisch auf die wirtschaftliche und politische Dynamik des Konfliktes abgestimmt
werden und führt in der EU neben höheren Preisen auch zu Zolleinnahmen. Als Folge eines Embargos oder einer Einführung eines
äquivalenten Importzolles lassen Simulationsergebnisse für Österreich kurzfristig einen Anstieg der Inflationsrate um 0,5
bis 0,75 Prozentpunkte und eine Absenkung der Wirtschaftsleistung um 0,3% erwarten.
In der vorliegenden Studie wird die volkswirtschaftliche Bedeutung der chemischen Industrie in Österreich aus dem Blickwinkel
der Transformation des Wirtschaftssystems in Richtung Klimaneutralität und Nachhaltigkeit mit Blick auf 2030 beleuchtet. Der
Untersuchungsgegenstand sind Unternehmen für die Herstellung von chemischen Erzeugnissen, pharmazeutischen Erzeugnissen sowie
Gummi- und Kunststoffwaren. Eine Input-Output-Analyse anhand des WIFO-Modells "DYNK" zeigt eine verbundene Wertschöpfung von
mehr als 13 Mrd. €. Im Zuge einer empirischen Befragung von 54 Unternehmen wurde festgestellt, dass die Mehrzahl der Unternehmen
Pläne und Ziele definiert haben, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Eine globale Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen der EU kann nur sichergestellt werden, wenn die geltenden Rahmenbedingungen innerhalb der EU auch für Anbieter
am Weltmarkt gelten. Einschätzungen der Unternehmen zur erwarteten Struktur der Beschaffungskanäle zeigen einen steigenden
Bedarf an erneuerbaren Rohstoffen in Österreich sowie steigende Importe von sicheren und nachhaltigen Chemikalien aus anderen
EU-Ländern. Eine Analyse von Patentdaten hinsichtlich der Innovationskraft zeigt in den Sektoren der chemischen Erzeugnisse
und pharmazeutischen Erzeugnisse ein ähnlich hohes Niveau wie bei den innovationsführenden Ländern. In der patentschwächeren
Branche der Gummi- und Kunststoffwaren liegen österreichische Unternehmen vor den innovationsführenden Ländern. Einem überwiegenden
Anteil der Unternehmen ist die Bedeutung der digitalen Transformation auf ihr Unternehmen bewusst und erwarten für die Zukunft
einen starken Einfluss auf Ihre Unternehmen.
Während Russland hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Größe für Österreich und die EU nur von geringer Bedeutung ist, zeigen
sich auf der Importseite Abhängigkeiten, weil vor allem Gasimporte aus Russland nicht kurzfristig durch Importe aus alternativen
Bezugsquellen ersetzt werden können. Daher wird die Eskalation des Russland-Ukraine-Konfliktes die Wirtschaft im Euro-Raum
vor allem über höhere Energiepreise, aber auch höhere Lebensmittelpreise, treffen. Im Jänner 2022 leisteten die Energiepreise
einen Beitrag von rund 35% zur österreichischen Inflationsrate. Käme es zu einer längeren Unterbrechung von Gaslieferungen
ohne einen schnellen Aufbau von Alternativquellen, würden sich spätestens im Spätherbst Knappheiten erwarten lassen, die Auswirkungen
auf die Chemie-, Düngemittel-, Pharma- und Kunststoffindustrie haben könnten. Die Risiken sind also erheblich, bis hin zu
deutlichen Bremsspuren in der konjunkturellen Entwicklung. Österreichische Banken haben im internationalen Vergleich hohe
Kreditforderungen an russische Kundinnen und Kunden. Das Land liegt hinsichtlich der ausstehenden Beträge an dritter Stelle.
Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt ist Österreich mit Abstand am stärksten unter allen westlichen Ländern betroffen. Systemische
Risiken entstehen aber aus der Russlandkrise für das heimische Bankensystem insgesamt eher nicht. Nur 4% der Auslandsforderungen
österreichischer Banken sind mit Russland verbucht.
Commissioned by: Federal Ministry for Digital and Economic Affairs
Study by: Austrian Institute of Economic Research – The Vienna Institute for International Economic Studies – Economic and Social Science Computing Center – Johannes Kepler University of Linz – University of Vienna – University of Innsbruck, Institute of Management, Service Economy and Tourism – Vienna University of Economics and Business
Online since: 14.02.2022 0:00
Der vorliegende Beitrag erläutert die globalen handelspolitischen Herausforderungen, die sich im Zuge der Trump-Administration
intensiviert und den Stillstand sowie die Interessensgegensätze bei multilateralen Handelsfragen verschärft haben. Mit dem
Amtsantritt von Joe Biden sind die Relevanz einer regelbasierten multilateralen Handelsordnung und internationalen Zusammenarbeit
wieder in den Vordergrund gerückt. Insbesondere die transatlantische Kooperation bei zentralen Themen im Zuge gemeinsamer
Bestrebungen hinsichtlich eines "Renewed Transatlantic Partnership" könnte eine Hebelwirkung entfalten, um die Handels- und
Investitionstätigkeiten zu stärken und eine sinnvolle WTO-Reform anzustoßen. Gleichzeitig veranschaulicht Bidens "America
is back"-Kurs die Rückkehr der USA auf die internationale Bühne und unterstreicht, dass die internationalen Prioritäten der
USA auch multilaterale Kooperationen über die Handelspolitik hinaus beinhalten, wie beispielsweise eine Reform der globalen
Unternehmenssteuer, die Aufhebung des Patentschutzes im Sinne der Eindämmung der COVID-19-Pandemie sowie ein gemeinsames Vorgehen
gegenüber China und eine Klimakooperation. Dieser Kurswechsel der USA eröffnet weitreichende Chancen für die Intensivierung
der internationalen Zusammenarbeit, die langfristig auch zu einem Wiedererstarken der globalen Handelsordnung führen kann.
Die wirtschaftliche Entwicklung und der Wohlstand der Gesellschaft sind eng mit dem Handel und Außenhandel verknüpft. Dies
trifft auf ein kleines Land wie Österreich in besonderem Maße zu. Wie wichtig der Außenhandel für die österreichische Wirtschaft,
für die Schaffung von Arbeitsplätzen und für die Teilhabe weiter Teile der Gesellschaft an Wohlstand und Lebensqualität ist,
wird in diesem Bericht vorgestellt. Die daran geknüpften Herausforderungen werden ebenfalls benannt und leiten über zu den
Themen, die in der Mainstream-Ökonomie wenig beachtet werden, viele Menschen aber stark bewegen. Dazu zählen Fragen wie, ob
Handel nicht per Saldo mehr Arbeitsplätze vernichtet oder zur Senkung von Standards der Qualität der Arbeitsplätze, der Lebensmittel
oder der Umwelt beiträgt. Der Güterhandel ist über weite Strecken mit negativen Umwelteffekten verbunden. Wie hoch sie sind,
ist zwar nicht allgemein bekannt, wird in der ökonomischen Literatur aber breit diskutiert. In der vorliegenden Arbeit werden
die Befunde der Literatur zu diesen Themen zusammengetragen, gesichtet und im Hinblick auf eine Außenhandelsstrategie hin
bewertet.
Ab der Jahresmitte 2020 kletterten die Frachtraten für Schiffscontainer in ungeahnte Höhen. Die rasch einsetzende Erholung
der Sachgütererzeugung und Besonderheiten im Erholungsmuster des Welthandels durch ein verändertes Konsumverhalten während
der COVID-19-Pandemie zählten zu den wichtigsten Gründen. Die Verlangsamung in der maritimen Lieferkette und die Suezkanal-Blockade
verschärften die Situation weiter. Vor allem die Schiffsroute von Asien nach Europa war von den Preissteigerungen betroffen.
Österreich importiert Waren im Wert von 14,5 Mrd. € aus Asien und rund 40% (5,6 Mrd. €) davon über den Seeweg. Aus China stammen
davon mehr als die Hälfte dieser maritimen Importe aus Asien. Der Großteil davon fällt auf Kraftfahrzeuge, mechanische und
elektrische Geräte (z. B. Waschmaschinen, Kühlschränke), Möbel und andere Konsumgüter. Insgesamt dürften rund 17% der österreichischen
Extra-EU-Importe, bzw. rund 4% der österreichischen Gesamtimporte, von der rasanten Kostensteigerung auf den Schiffsrouten
von Asien nach Europa betroffen sein. Internationale Prognosen gehen derzeit davon aus, dass sich die daraus ergebende Lieferproblematik
im weiteren Jahresverlauf beruhigt und die Wachstumsaussichten für die Produktion und den Außenhandel nicht wesentlich beeinträchtigt
werden.
Commissioned by: Federal Ministry for Digital and Economic Affairs
Study by: Austrian Institute of Economic Research
Online since: 26.07.2021 9:00
Mit dem Warentransport sind zahlreiche negative externe Effekte verbunden. Aufgrund eines Marktversagens werden zu viele Güter
über weite Strecken transportiert. Maßnahmen zur Internalisierung, wie die Einführung von Auflagen, Verboten sowie Steuern,
Abgaben und handelbaren Zertifikaten, zielen darauf ab, die externen Kosten zu berücksichtigen. In einigen Bereichen werden
solche Eingriffe jedoch unterlassen. Eine umfassende Literaturrecherche zeigt, dass die mit dem Warentransport verbundenen
externen Kosten nur teilweise internalisiert und somit preiswirksam sind. Mittels eines quantitativen Modells wird in einer
Szenarioanalyse untersucht, wie sich eine Internalisierung der externen Kosten von Handelsaktivitäten in Form eines Preisaufschlags
auswirken würde. Wie die Ergebnisse zeigen, könnte die Umsetzung von Transportkostenwahrheit im Extra-EU-Handel mit einer
leichten Steigerung des realen Bruttoinlandsproduktes und der Beschäftigung in der EU einhergehen, sofern die Einnahmen dieser
Handelsaufschläge wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Die Analyse benennt Handlungsoptionen zur Herstellung
von Transportkostenwahrheit im internationalen Handel.