22% mehr Tourismuseinnahmen von Mai bis September 2021

09.11.2021

COVID-19 trübt allerdings Aussichten auf die Wintersaison

Einen Monat vor Abschluss der Sommersaison (Mai bis September) 2021 lag die Zahl der Gästeankünfte um 21,0% über dem Vergleichswert von 2020, jene der Nächtigungen um 17,9%, die Tourismuseinnahmen erfuhren mit nominell 10,2 Mrd. € einen Zuwachs von 22,0% (real +17,2%).

Für die gesamte Saison ist laut aktuellen Schätzungen des WIFO mit rund 22,0% mehr Nächtigungen als im Sommer 2020 bzw. einem um etwa 16,8% geringeren Volumen im Vergleich zu 2019 zu rechnen. Im Kalenderjahr 2021 dürften durch den Entfall der wichtigen Winterhauptsaison (Jänner bis April) Verluste im Vergleich zum Vorjahr von rund 16,8% entstehen, gegenüber dem Normaljahr 2019 sogar von 46,7%.

Nachdem im Mai 2021 bereits die zweite Sommersaison mit geschlossenen Beherbergungsbetrieben startete – es waren 18 Tage vom Lockdown betroffen (Mai 2020: 28 Tage) –, war es in diesem Jahr zumindest schon zu einem früheren Zeitpunkt wieder möglich, Gäste aus dem Inland und Ausland in Österreich zu begrüßen (2020 erst ab Mitte Juni mit sehr unterschiedlichen Regelungen nach Herkunftsland). Die Ausgangslage für den Sommertourismus war damit 2021 relativ günstiger.

Die Nächtigungsnachfrage lag im Durchschnitt der Vorsaison (Mai, Juni) bei gut der Hälfte im Vergleich zu 2019, im Vergleichszeitraum 2020 waren hingegen nur 30% des Vorkrisenniveaus erreicht worden. Auch die Sommerhauptmonate Juli bis September entwickelten sich 2021 – gemessen am Volumen 2019 – im Mittel besser als 2020 (–4,8% zu –13,7%), wobei die Zahl der Nächtigungen im August und September 2021 österreichweit sogar jene von 2019 überstieg (+2,8% bzw. +1,8%). Für die positive Entwicklung in diesen beiden Monaten zeichnete insbesondere die starke Binnennachfrage verantwortlich (August +15,2%, September +15,0%; jeweils gegenüber 2019), während bei internationalen Gästen noch leichter Aufholbedarf besteht (–1,7% bzw. –3,9%).

Die vorläufige Bilanz des Sommers 2021 (Mai bis September) weist insgesamt rund 58,3 Mio. Übernachtungen bei knapp 16,2 Mio. Ankünften aus. Der Rückstand zum Vorkrisenniveau beträgt damit 17,2% (Nächtigungen) bzw. 28,0% (Ankünfte). Im Vergleich zum ebenfalls von der COVID-19-Krise betroffenen Zeitraum 2020 lag die Nachfrage aktuell um rund ein Fünftel höher (Übernachtungen +17,9%, Ankünfte +21,0%), wobei diese Entwicklung vor allem auf die Rückkehr ausländischer Gäste zurückzuführen ist (Nächtigungen +25,8%, Ankünfte +33,1%), nachdem dieses Segment im Vorjahr massiv eingebrochen war (–40,5% bzw. –53,4%). Bei den Binnenreisenden nahm die Nachfrage in Beherbergungsbetrieben im Analysezeitraum gegenüber dem Vorjahr mit +6,0% bei Nächtigungen und +7,3% bei Ankünften zwar moderater zu, allerdings hatten sich auch die Einbußen 2020 deutlich in Grenzen gehalten (–3,5% bzw. –13,3%).

Die nominellen Einnahmen im österreichischen Tourismus (einschließlich Tagesreisen sowie Verwandten- und Bekanntenbesuche)1) beliefen sich von Mai bis September 2021 ersten Schätzungen des WIFO zufolge auf 10,19 Mrd. € (+22,0%, –18,2% gegenüber 2019; real +17,2% bzw. –23,0% im Vergleich zu 2019; Übersicht 1).

Auf regionaler Ebene fiel der Aufschwung bei den Nächtigungen im Durchschnitt der bisherigen Sommersaison 2021 in Wien mit +76,3% relativ am stärksten aus, nachdem in der Bundeshauptstadt die Nachfrage 2020 unter allen Bundesländern aber auch am massivsten eingebrochen war (–80,2%, Österreich insgesamt –29,8%). Auf das Volumen von 2019 fehlen in Wien aber immer noch knapp zwei Drittel bzw. rund 5,3 Mio. Nächtigungen, das entspricht 43,6% der österreichweiten Nachfragelücke. Auch die hohen prozentuellen Zuwächse bei Übernachtungen von Mai bis September 2021 in Nieder- und Oberösterreich sowie in Salzburg stellen eine Gegenbewegung zu den substanziellen Verlusten im Vergleichszeitraum 2020 (–28,9% bis –36,1%) dar, die Lücke zum Vorkrisenniveau beläuft sich damit in Oberösterreich und Salzburg auf jeweils rund 16% sowie in Niederösterreich auf knapp ein Viertel (–23,6%). In absoluten Größen gemessen blieb aber die Nachfrage im Tourismusbundesland Tirol (neben Wien) am stärksten hinter dem Vorkrisenniveau zurück (–2,3 Mio. Nächtigungen bzw. –11,8% im Vergleich zu Mai bis September 2019). Kaum Einbußen an Nächtigungen zum Vergleichszeitraum vor der Krise wiesen im Analysezeitraum einmal mehr die Regionen mit breitgefächertem touristischem Angebot auf (Burgenland –0,2%, Steiermark –1,0%, Kärnten –4,2%).

Ausblick

Im bisherigen Verlauf des Sommers 2021 stieg nicht nur die Nachfrage von Binnenreisenden nach Urlaub in Österreich im Vergleich zum Vorjahr spürbar an, sondern vor allem auch jene der internationalen Gäste. Nachdem die Zahl der Nächtigungen in den Vorsaisonmonaten Mai und Juni 2021 insgesamt nur in etwa die Hälfte des Vorkrisenniveaus erreichte, lag das Volumen von Juli bis September nur noch 4,8% unter dem Vergleichswert von 2019. Aktuelle Schätzungen des WIFO gehen davon aus, dass für die gesamte Sommersaison (Mai bis Oktober) 2021 ein Niveau von rund 65,7 Mio. Nächtigungen erreicht wird (+22% gegenüber 2020, rund –17% zu 2019; Abbildung 1). Dabei dürfte sich die Nachfrage internationaler Gäste auf 41,8 Mio. Übernachtungen belaufen, was im Vergleich zur (Normal-)Saison 2019 Einbußen von rund einem Viertel, gegenüber dem Sommer 2020 jedoch ein Plus von knapp einem Drittel bedeutet. Die Zahl der Nächtigungen Binnenreisender dürfte in der heurigen Saison mit 23,9 Mio. nicht nur das Volumen des Vorjahres übersteigen (+7½%), sondern auch jenes von 2019 (+2½%).

Die Aussichten für die kommenden Monate und damit für die im Fall Österreichs so wichtige touristische Wintersaison bleiben höchst unsicher, wobei die aktuelle epidemiologische Lage Anlass zu Pessimismus gibt: Es ist zu befürchten, dass die in Österreich, aber auch in anderen europäischen Ländern seit Wochen stark steigenden Infektionszahlen, die mit einer notwendi­gen Verschärfung der Maßnahmen – insbesondere für ungeimpfte Personen – einhergehen, massive Auswirkungen auf die potentielle wie realisierte Nachfrage nach Urlaubsreisen haben werden. Neben einer Zurückhaltung bei Buchungen und Stornierungen bereits gebuchter Reisen durch verunsicherte Gäste stehen auch Reisewarnungen der für Österreich wichtigsten Quellmärkte im Raum. Die niedrige heimische Impfquote, die zudem in einigen tourismusintensiven Regionen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt, treibt nicht nur das epidemiologische Geschehen, sondern konterkariert auch das Image Österreichs als sicheres Urlaubsland.

Die österreichische Tourismuswirtschaft steht vor der Herausforderung, dass einerseits viele Reisende größtmögliche Sicherheit in Bezug auf ihre Gesundheit fordern und internationale Reisebeschränkungen bestmöglich verhindert werden müssen, was wohl restriktive Maßnahmen notwendig macht, sowie andererseits die Gruppe der Impfunwilligen im In- und Ausland, die Reisen unter solchen Bedingungen ablehnt. Sowohl ein strenges wie auch ein zurückhaltendes Pandemiemanagement schränkt somit das Nachfragepotential ein. Darüber hinaus erscheinen intensive Anstrengungen zur Erhöhung der Impfbereitschaft der Bevölkerung durch positive (z. B. zielgruppenspezifische Aufklärung usw.) wie negative Anreize (z. B. kostenpflichtige COVID-19-Tests usw.) für noch ungeimpfte Personen auch aus tourismuspolitischer Sicht als das effektivste Konjunkturpaket für die österreichische Tourismuswirtschaft und können helfen, einen massiven volkswirtschaftlichen Schaden abzuwenden.

Prognosen zur angelaufenen Wintersaison sind unter diesen Rahmenbedingungen kaum möglich. Um dennoch die Konsequenzen der nun beschlossenen Maßnahmen bzw. des aktuellen Infektionsgeschehens für die kommenden Monate quantitativ bewerten zu können, wurden Annahmen getroffen, die sich unter anderem auf die Ergebnisse einer Urlauberbefragung der Österreich Werbung stützen. Laut dieser Befragung machen rund 42% der Befragten, die im Winter 2021/22 ihren Urlaub in Österreich verbringen wollen, ihre Entscheidung von der Infektionslage abhängig. 20% wiederum werden nicht reisen, wenn dafür eine Impfung zwingend erforderlich wird – die aktuell beschlossene 2-G-Regelung für Hotellerie und Gastronomie kommt einer solchen Impfpflicht sehr nahe. Weiters wurde angenommen, dass die Infektionszahlen ab Weihnachten wieder merklich sinken werden (mit Aufholeffekten bei der touristischen Nachfrage ab Jänner 2022) und keine neuerlichen pandemieinduzierten Betriebsschließungen oder internationalen Reisebeschränkungen zu erwarten sind.

Unter diesen Bedingungen ergäbe sich für das Kalenderjahr 2021 ein Gesamtnächtigungsvolumen von rund 81,5 Mio. (–16,8% im Vergleich zum Kalenderjahr 2020, –46,7% gegenüber 2019; siehe dazu Abbildung 2). In der Wintersaison 2021/22 würde die Zahl der Nächtigungen rund 53,5 Mio. erreichen und läge damit um rund 27% unter jener der Wintersaison 2018/19.

 


1)  Zu dem über den Nächtigungstourismus hinausgehenden Teil der Umsätze liegen kaum statistische Informationen vor, sodass diesem Segment dieselbe Dynamik wie jene der Einnahmen nächtigender Gäste unterstellt wurde.

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Mag. Dr. Oliver Fritz, MSc

Forschungsgruppe: Regionalökonomie und räumliche Analyse
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