Arbeitsmarkt und psychische Gesundheit

26.11.2019

Gastvortrag von WIFO-Ökonom Thomas Leoni bei pro mente Austria

"Epidemiologische Studien legen nahe, dass psychische Gesundheitsprobleme in der Erwerbsbevölkerung viel stärker verbreitet sind, als es die Statistik der Krankenstände erkennen lässt", erklärte WIFO-Ökonom Thomas Leoni am 26. November 2019 bei einem Gastvortrag im Rahmen einer Pressekonferenz von pro mente Austria in Wien.

Unabhängig von Alter, Geschlecht und Erwerbsstatus spielen psychische Gesundheitsprobleme als diagnostizierte Ursachen von Krankenständen heute eine viel bedeutendere Rolle als vor fünfzehn oder zwanzig Jahren. Die psychisch bedingten Krankenstandstage sind seit den 1990er-Jahren deutlich gestiegen. Ihr Anteil an den Krankenstandsfällen (2,5%) und an den Krankenstandstagen (etwas weniger als 10%) ist zwar nach wie vor vergleichsweise gering. Die tatsächliche Bedeutung der psychischen Erkrankungen für das gesundheitliche Wohlbefinden der Erwerbsbevölkerung lässt sich jedoch nur teilweise aus den Krankenstandszahlen ablesen.

"Zahlreiche Krankenstände, die eigentlich eine psychische Ursache haben, dürften aufgrund ihrer Symptomatik bei der Diagnoseerfassung anderen Krankheitsgruppen zugeschrieben werden. Wahrscheinlich führt auch die Stigmatisierung, die nach wie vor mit psychischen Leiden einhergeht, dazu, dass wir in den Krankenstandszahlen nur die Spitze des Eisberges sehen", so Leoni.

Der Erhalt der psychischen Gesundheit und die Unterstützung von erkrankten Personen seien laut Leoni bereits heute zentrale Herausforderungen für die Arbeitswelt und werden im Lichte der Alterung der Bevölkerung zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen.

pro mente Austria ist der Dachverband von 24 gemeinnützigen Organisationen, die sich in Österreich um die Bedürfnisse von Menschen mit psychisch-sozialen Erkrankungen kümmern.

Weitere Informationen: www.promenteaustria.at


Publikationen

Thomas Leoni
Studien, Jänner 2019, 51 Seiten
Auftraggeber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 25.01.2019 0:00
 
Psychische Erkrankungen bilden eine hohe Hürde für die Erwerbstätigkeit und sind eine der wichtigsten Ursachen von Invalidität. Ihre Bedeutung für das Krankenstandsgeschehen nahm längerfristig stark zu. Dieser Bericht befasst sich mit der Entwicklung und Verteilung psychisch bedingter Krankenstände in Oberösterreich in den Jahren 2005 bis 2016. Nach einem deutlichen Anstieg in den 2000er-Jahren gingen die Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen zwischen 2011 und 2016 leicht zurück. Dies war vor allem auf eine Verkürzung der durchschnittlichen Krankenstandsdauer zurückzuführen. Die Zahl der psychisch bedingten Krankenstandstage der Arbeitslosen war um ein Vielfaches höher als jene der Beschäftigten, sie folgte in ihrer Entwicklung über die Zeit aber einem ähnlichen Muster.
Thomas Leoni, René Böheim
Fehlzeitenreport 2018. Krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten in Österreich – Präsentismus und Absentismus (Absence from Work Report 2018. Absences Due to Sickness and Accidents in Austria – Presenteeism and Absenteeism)
Studien, Dezember 2018, 125 Seiten
Auftraggeber: Bundesarbeitskammer – Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger – Wirtschaftskammer Österreich
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 11.12.2018 0:00
 
Der Fehlzeitenreport gibt eine Übersicht über Entwicklung und Verteilung der gesundheitsbedingten Fehlzeiten in Österreich. 2017 waren die Krankenstände gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert, die Beschäftigten verbrachten im Jahresverlauf durchschnittlich 12,5 Kalendertage im Krankenstand. Das entspricht einem Verlust an Jahresarbeitszeit von 3,4%. Der Fehlzeitenreport 2018 behandelt in einem Schwerpunktkapitel das Thema "Präsentismus und Absentismus". Den verfügbaren Daten zufolge ist etwa die Hälfte der österreichischen Beschäftigten im Jahresverlauf mindestens einmal trotz Krankheitssymptomen am Arbeitsplatz. Absentismus, d. h. das Vortäuschen eines Krankenstandes, betrifft einen kleineren Beschäftigtenkreis und ist weniger gut erforscht als Präsentismus, aber ebenfalls ein relevanter Bestandteil der Arbeitswelt. Sowohl Präsentismus als auch Absentismus verursachen Kosten und können kurz- und längerfristige Schäden für die Wirtschaft und die Gesellschaft zur Folge haben.
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Thomas Leoni © Harald Schenk
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