Besonders der Konsum der privaten Haushalte sowie die Wertschöpfung im Einzelhandel zeigten sich schwächer. Auch Industrie
und Bauwirtschaft erlitten infolge der COVID-19-Pandemie und der Maßnahmen zu deren Eindämmung Wertschöpfungseinbußen.
Wichtige Information:
Die aktuelle Situation bedarf Änderungen sowohl in der Erstellung als auch der Publikation von wirtschaftlichen Daten. Obwohl
es sich bereits um die zweite Rechnung für das I. Quartal 2020 handelt, sind die Daten weiterhin als vorläufig zu betrachten
und mit Unsicherheiten verbunden. Die Daten werden in weiterer Folge vermutlich einem größeren Revisionsbedarf als üblich
unterliegen. Dies betrifft vor allem die Abbildung der wirtschaftlichen Tätigkeit im März, wo den aktuellen Berechnungen in
einigen Wirtschaftsbereichen nur ein eingeschränktes Indikatorenset zugrunde liegt und ergänzende Schätzungen notwendig waren.
Weiters verzichtet das WIFO bis auf Weiteres auf die Publikation der Trend-Konjunktur-Komponente, da die übliche Aussagekraft
dieser Komponente aufgrund des starken Einbruchs am aktuellen Rand nicht gegeben ist. Stattdessen wird in der Darstellung
und Beschreibung auf die unbereinigten Jahresveränderungsraten sowie auf die saison- und arbeitstagsbereinigte Veränderungsrate
gegenüber dem Vorquartal (Kennzahl laut Eurostat-Vorgabe) fokussiert. Beide Kenngrößen bilden den wirtschaftlichen Einbruch
zumindest in der rezenten Betrachtung am besten ab.
Im I. Quartal 2020 lag die heimische Wirtschaftsleistung nach den aktuellen Berechnungen um 2,9% unter dem Niveau des
Vorjahres. Gegenüber der Vorperiode sank das BIP um 2,6% (Kennzahl laut Eurostat-Vorgabe). Damit wurde das Ergebnis der Schnellschätzung
(2,7% im Vorjahresvergleich bzw. 2,5% im Vorquartalsvergleich) von Ende April leicht nach unten revidiert.
Im Vergleich zum Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise im Spätherbst 2008 stellt sich der Wachstumseinbruch in der
gegenwärtigen Krise deutlich kräftiger dar. Ein BIP-Rückgang dieser Größenordnung ist zu Beginn einer Krise in Friedenszeiten
außergewöhnlich. Das rasante Tempo des Einbruchs zeigt sich besonders deutlich in den saisonbereinigten Werten im Vorquartalsvergleich.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der einhergehenden Maßnahmen zeigten sich auch im Euro-Raum und
der EU. Gemäß den Eurostat-Berechnungen von Mitte Mai sank das saisonbereinigte BIP im I. Quartal im Euro-Raum um 3,8%
im Vergleich zum Vorquartal, in der EU um 3,3%.
In Österreich wurden die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ab Mitte März gesetzt. Diese zogen einen wirtschaftlichen
Einbruch in der zweiten Märzhälfte nach sich, welcher den gesamtwirtschaftlichen Verlauf im I. Quartal 2020 maßgeblich
bestimmte. Das in der Schnellschätzung Ende April gezeichnete Bild der sektoralen Betroffenheit der heimischen Wirtschaft
wurde in der aktuellen Rechnung bestätigt.
Die konsumnahen Handels- und Dienstleistungsbereiche verzeichneten massive Einbußen. Im Tourismus führten das vorzeitige Ende
der Wintersaison und die Betriebsschließungen zu Umsatzausfällen. Im Einzelhandel kam es zwar in Bereichen für die Grundversorgung
(z. B. Lebensmittelhandel) zu erhöhter Geschäftstätigkeit, diese konnte die Ausfälle in anderen Bereichen (z. B.
Bekleidung, Schuhe) jedoch nicht kompensieren. Insgesamt sank in den Bereichen Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz,
Verkehr, Beherbergung und Gastronomie die Wertschöpfung gegenüber dem Vorjahr um 7,3% und zeigte sich mit 1,5 Prozentpunkten
für mehr als die Hälfte des BIP-Rückganges im I. Quartal verantwortlich.
In den Bereichen Sport-, Kultur- und Unterhaltungseinrichtungen sowie persönliche Dienstleistungen (z. B. Frisöre), sank
die Wertschöpfung um 8,1%. Stabilisierend wirkte hingegen die wirtschaftliche Dynamik der Bereiche Information und Kommunikation,
Kredit- und Versicherungswesen, Grundstücks- und Wohnungswesen sowie die öffentliche Verwaltung.
Nachdem die Industrie bereits im Laufe des Jahres 2019 in eine Rezession geraten war, verstärkten die Produktionsausfälle
im März diese Entwicklung weiter. Die Wertschöpfung in der Sachgütererzeugung sank im I. Quartal um 6,6% gegenüber dem
Vorjahr. In der Bauwirtschaft verlief die Konjunktur hingegen bis zum Ausbruch der Krise sehr gut, sodass im I. Quartal
insgesamt nur ein moderater Rückgang verzeichnet wurde (0,7%).
Auf der BIP-Nachfrageseite wurde der Konsum, welcher für gewöhnlich eine über den Konjunkturzyklus hinweg stabilisierende
Rolle hat, durch die gesundheitspolitischen Maßnahmen und die Konsumzurückhaltung der privaten Haushalte massiv eingeschränkt.
Die privaten Konsumausgaben (einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck) sanken im I. Quartal stärker als
noch in der Schnellschätzung Ende April angenommen (4,3%; Revision: 0,7 Prozentpunkte). Mit einem negativen
Wachstumsbeitrag von 2,1 Prozentpunkten zeichneten sie für gut zwei Drittel des BIP-Rückganges verantwortlich. Die öffentlichen
Konsumausgaben nahmen kräftig zu.
Mit der gestiegenen Unsicherheit wurde die Investitionstätigkeit im I. Quartal zurückgenommen, wobei hier die Ausrüstungsinvestitionen
(6,1%) stärker reagierten als die Bauinvestitionen (1,0%). Insgesamt sanken die Bruttoanlageinvestitionen um 2,5%
gegenüber dem Vorjahr.
Vor dem Hintergrund der weltwirtschaftlichen Betroffenheit durch die COVID-19-Pandemie wurden auch die Exporte im I. Quartal
eingeschränkt (4,2% gegenüber dem Vorjahr). Das betrifft sowohl die Waren (5,1%) als auch die Dienstleistungen
(2,3%). Die Importe sanken um 4,9%, sodass der Außenhandel einen minimal positiven Beitrag zur BIP-Veränderung erzielte.
Publikationen
Presseaussendungen, 29.05.2020 9:00
Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen
Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen