Zeit für eine aktivere Arbeitsmarktpolitik

30.04.2019

Gemeinsame Pressekonferenz von Caritas, WIFO und arbeit plus

"Das nach wie vor zu hohe Niveau an Arbeitslosigkeit bleibt wirtschaftlich und sozial inakzeptabel." Zu dieser Einschätzung gelangte WIFO-Leiter Christoph Badelt bei einer Pressekonferenz mit Caritas-Präsident Michael Landau und arbeit plus-Geschäftsführerin Judith Pühringer auf der elften Jobmeile der Caritas Wien am 30. April 2019.

Zwar hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren entspannt, doch ein wirtschaftlicher Abschwung und ein Wiederanstieg der Arbeitslosenzahlen werden bereits für das nächste Jahr erwartet. Das WIFO prognostiziert eine Arbeitslosenrate von 7,3%. Landau, Pühringer und Badelt fordern deshalb: "Die Bundesregierung sollte für schwierigere Zeiten schon heute eine aktivere Arbeitsmarktpolitik vorbereiten und dafür budgetäre Vorsorgemaßnahmen treffen."

Für Caritas-Präsident Michael Landau steht fest: "Die Erfahrung aus unserer täglichen Arbeit macht uns sicher: Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit muss das erste und oberste Ziel sein, dem sich die Bundesregierung verschreibt! Und dafür benötigen wir eine Politik an der Seite der Schwächsten und keine, die die Not von Menschen vergrößert."

Und auch Judith Pühringer ist mit Blick auf die kommenden Jahre überzeugt: "Wir stehen heute an einer Weggabelung in der österreichischen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Es gilt zu entscheiden: Gehen wir den eingeschlagenen Weg der Kürzungen und Sanktionen weiter und verstärken somit die Hoffnungslosigkeit und Existenzängste Arbeitssuchender? Oder wählen wir einen Weg der ausreichend finanzierten Arbeitsmarktpolitik, den auch benachteiligte Menschen mitgehen und auf dem sie neue Perspektiven entwickeln können."

Angesichts der angekündigten Steuer- und Abgabenreform forderten WIFO, Caritas und arbeit plus massive Verbesserungen für Menschen mit geringen Einkommen. Landau: "316.000 Menschen können von ihrer Arbeit nicht mehr leben. Sie sind arm trotz Arbeit und zählen zu den sogenannten "working poor". In Scheinselbständigkeit entlassen. Auf Teilzeitjobs angewiesen. Oder vom Kollektivvertrag nicht mehr erfasst. Ich bin überzeugt, dass in Österreich nicht nur Börsengewinne und Vermögen steigen dürfen, sondern dass das auch für die Erwerbseinkommen der Menschen gelten muss – vor allem dann, wenn es um Menschen geht, die sehr wenig verdienen."

Angesichts des mittelfristigen Wiederanstieges der Arbeitslosigkeit forderten Landau, Badelt und Pühringer am Dienstag auch eine Stärkung des AMS. Landau: "Die Bundesregierung hat die Mittel für das AMS von 2018 auf 2019 reduziert. Ab 2020 sollten nun wieder mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen!" Und auch Badelt spricht von notwendigen "budgetären Vorsorgemaßnahmen". Badelt betonte die Dringlichkeit von speziellen arbeitsmarktintegrativen Angeboten für jene Gruppen, die besonders von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Vor allem ältere Menschen sollten auf dem Arbeitsmarkt mit Arbeitsplätzen integriert werden, die ihren spezifischen Fähigkeiten entsprechen.

Aus der mehr als 30-jährigen Erfahrung von arbeit plus weiß Pühringer: "Menschen möchten arbeiten, aber nicht alle schaffen es ohne Unterstützung und zu den Bedingungen am regulären Arbeitsmarkt." Und Badelt: "Sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte können einen nachhaltigen Beitrag leisten, wenn es darum geht, Menschen wieder an ein geregeltes Arbeitsleben heranzuführen." Im Einzelnen schlägt Badelt auch eine Evaluation solcher Maßnahmen vor, um besonders leistungsfähige Instrumente gezielt ausbauen zu können. Und gerade im Blick auf die Neugestaltung der Sozialhilfe sei es wichtig, auch "ausreichend und flächendeckend Sprachkurse anzubieten" und so zu organisieren, dass Menschen rasch und unter vernünftigen Lebensbedingungen auch tatsächlich die notwendige Sprachkompetenz erwerben können, so Landau ergänzend.

Rückfragen an

Markus Kiesenhofer, BA, MA

Tätigkeitsbereiche: Stabstelle für Öffentlichkeitsarbeit, Koordinator des Fachbereichs Kommunikation
WIFO-Leiter Christoph Badelt, Caritas-Präsident Michael Landau und arbeit plus-Geschäftsführerin Judith Pühringer (© Caritas)
WIFO-Leiter Christoph Badelt, Caritas-Präsident Michael Landau und arbeit plus-Geschäftsführerin Judith Pühringer (© Caritas)