Mit einem Anteil von 0,7% an den Sozialausgaben reduzierte die Sozialhilfe die Armutsgefährdung der österreichischen Gesamtbevölkerung
im Jahr 2020 von 15,2% auf 14,7%. Obwohl nur rund 3% der Bevölkerung Sozialhilfe beziehen, erfüllt dieses letzte soziale Netz
eine wichtige Funktion in der Armutsbekämpfung: Für Beziehende senkte sie die Armutsgefährdungsquote von 62,4% auf 50,4% und
die Armutsgefährdungslücke von 52,0% auf 26,4% (2020). Besonders zentral ist die Sozialhilfe für Kinder, die unter den Beziehenden
überrepräsentiert sind, sowie für Gruppen mit traditionell hohem Armutsrisiko, deren Struktur sich im Beobachtungszeitraum
(2008/2021) nicht verändert hat. Dazu zählen Arbeitslose, Alleinerziehende, Drittstaatsangehörige, Personen mit geringem formalem
Ausbildungsniveau und Personen mit schlechtem Gesundheitszustand.
Die Studie zeigt die Wirkung des letzten sozialen Sicherungsnetzes in Österreich bis einschließlich 2021. Rund 3% der Bevölkerung
bezogen eine Unterstützungsleistung im Rahmen der Sozialhilfe bzw. Bedarfsorientierten Mindestsicherung (SH bzw. BMS). Mit
einem Anteil von rund 0,7% an den gesamten Sozialausgaben reduzierte die SH bzw. BMS die Armutsgefährdung von 15,2% auf 14,7%
im Jahr 2020. Knapp 22% der Bezieher:innen waren jünger als 15 Jahre (bei einem Bevölkerungsanteil von 14%). Neben Kindern
zählen auch Arbeitslose, Alleinerziehende und Personen mit schlechtem Gesundheitszustand zur Risikogruppe. Im Krisenjahr 2020
wirkten die Einmalmaßnahmen armutsvermeidend: Rund 89.000 Personen gelangten dadurch aus der Armut. Eine Befragung der Betroffenen
zeigte, dass sich die finanzielle Situation der Armutsbetroffenen im Jahr 2022 verschlechtert hat. Die lange Wartezeit zwischen
Antragstellung und erster Auszahlung wird von den Betroffenen als Problem erlebt. Optionen zur Weiterentwicklung des letzten
sozialen Netzes liegen einerseits im leichteren Zugang zu adäquaten Unterstützungsleistungen, und andererseits in einer verbesserten
Absicherung im Sozialversicherungssystem durch höhere und kontinuierliche Erwerbseinkommen bzw. Erwerbseinkommensmöglichkeiten.
Die Studie analysiert die Auswirkungen des Wohlfahrtsstaates auf Einkommensungleichheit und die relative Armut in Österreich.
Ausgehend von den Markteinkommen werden die Verteilungseffekte von staatlichen Geld- und Sachleistungen in den Bereichen Gesundheit,
Bildung, Familie, Wohnen, Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung sowie von Sozialbeiträgen und (in)direkten Steuern untersucht.
Die jüngsten verknüpfbaren Daten für eine solche Analyse beziehen sich auf das Jahr 2019. Durch die Umverteilung sinkt der
Gini-Koeffizient im Jahr 2019 von 0,466 (Markteinkommen) auf 0,213 (Sekundäreinkommen), die Armutsgefährdungsquote sinkt zwischen
Markteinkommen und verfügbarem Einkommen um den Faktor 2,5. Ein ähnlicher Effekt zeigt sich für die Jahre 2005, 2010 und 2015.
Den größten Umverteilungsbeitrag leisten die gesetzlichen Bruttopensionen, gefolgt von den öffentlichen Gesundheitsleistungen.
Im Zeitverlauf hat der relative Umverteilungsbeitrag der direkten Abgaben deutlich zugenommen. Hinter den stabilen Verteilungsmaßen
im Querschnitt der Bevölkerung in privaten Haushalten verbergen sich divergierende Einkommensentwicklungen zwischen Haushalten
nach Altersgruppen. Das Armutsrisiko ist in Haushalten mit Kindern und Hauptverdienenden unter 46 Jahren überdurchschnittlich
hoch und hat zwischen 2005 und 2019 zugenommen.
Um das Arbeitsangebot von Personen mit Pensionsbezug zu erhöhen, wird derzeit die Senkung der Pensionsversicherungsbeiträge
für Ältere diskutiert. Wie die Simulation eines Entfalls der arbeitnehmerseitigen Pensionsversicherungsbeiträge zeigt, ist
der Nettoeinkommenseffekt insbesondere bei geringem Einkommen schwächer als der Rückgang der Beitragszahlungen, da die Lohnsteuerschuld
ansteigt. Für ein monatliches Erwerbseinkommen von 1.500 € brutto in Verbindung mit einer Pension erreicht die Partizipationsbelastung
ab einer Pensionshöhe von 2.815 € ihr Maximum von 43,4%. Durch die Streichung der Pensionsversicherungsbeiträge würde die
Partizipationsbelastung bei einer Pension von 1.500 € bzw. 2.500 € um jeweils fast 20% gesenkt. Dies würde sich positiv auf
die Arbeitsanreize für Pensionist:innen auswirken.
Schätzungen zeigen, dass der geschlechtsspezifische Lohnunterschied von 11,3% des durchschnittlichen Frauenlohns 2021 niedriger
als in den Vorjahren war. Der bereinigte Lohnunterschied betrug 6,4% des durchschnittlichen Frauenlohns und unterschied sich
damit kaum vom Vorjahreswert (6,2%). Maßgebliche Gründe für die beobachteten Lohnunterschiede sind, dass Frauen im Durchschnitt
weniger Berufserfahrung als Männer haben und systematisch andere Berufe als Männer ergreifen. Ein weiterer Grund sind Unterschiede
in unbeobachteten Merkmalen, wie beispielsweise unterschiedliches Verhalten bei individuellen Lohnverhandlungen.
Die vorliegende Studie untersucht ausgewählte Gestaltungselemente der österreichischen Arbeitslosenversicherung hinsichtlich
ihres Potentials, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu fördern bzw. Arbeitslosigkeit zu verfestigen. Aufbauend auf ökonomischer
Theorie sowie internationaler und nationaler empirischer Evidenz werden die Auswirkungen möglicher Reformszenarien (degressive
Gestaltung der Nettoersatzrate, Wegfall der Zuverdienstmöglichkeit, Verbesserung der Betreuungsrelation) unter Berücksichtigung
von Verhaltensänderungen simuliert. Im Fokus der Analyse stehen die Effekte auf die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher, auf
die Höhe der Existenzsicherungsleistungen und auf den Budgeteinsatz für die Arbeitslosenversicherung sowie die Systeme der
Bedarfsorientierten Mindestsicherung (bzw. Sozialhilfe).
Im Dezember 2021 und Jänner 2022 beschloss die Regierung Maßnahmen, die eine Abfederung der steigenden Verbraucherpreise für
Haushalte und Unternehmen zum Ziel haben. Das Entlastungsvolumen beträgt rund 4 Mrd. €. Die Maßnahmen sind stark energie-
und verkehrsbezogen und gleichen die verschlechterten Lebenslagen der Haushalte mit geringem Einkommen zu einem geringen Ausmaß
aus. Eine mittelfristige Betrachtung zeigt allerdings, dass die steigenden Preise besonders im Bereich Wohnen mit den Maßnahmen
nicht erreicht werden. Um die Lebenslagen besonders einkommensschwacher Haushalte zu verändern, braucht es weitere zielgerichtete
Maßnahmen.
Vor dem Hintergrund der stark steigenden Preise (Inflation März 2022: 6,8%, prognostizierte Jahresinflation 2022: 5,8%) stellt
der Beitrag die Frage nach den Auswirkungen steigender Lebenshaltungskosten auf Armutsgefährdung der Bevölkerung in Österreich.
Es wird gezeigt, dass es keine unmittelbaren Veränderungen in der Armutsgefährdungsquote gibt, da dieser Indikator die Einkommenslage
der Haushalte zum Bezugspunkt hat. Die Auswirkungen sind vielmehr indirekte: Durch die unterschiedlichen Konsumniveaus als
auch die Konsumausgabenstrukturen der Haushalte in Abhängigkeit ihrer Einkommen sind Haushalte mit geringeren Einkommen, und
damit armutsgefährdete oder arme Haushalte, stärker von den Preissteigerungen betroffen. Bei einer mittelfristigen Betrachtung
zeigen vor allem die steigenden Preise im Bereich Wohnen einen Druck auf den Lebensstandard von einkommensschwachen Haushalten.
Schätzungen zeigen, dass der geschlechtsspezifische Lohnunterschied mit 12,1% des mittleren Frauenlohnes 2020 niedriger als
in den Vorjahren war. Der bereinigte Lohnunterschied blieb mit 6,1% des mittleren Frauenlohnes im Vergleich zum Vorjahr stabil.
Im privaten Sektor ist der bereinigte Lohnunterschied von 5,8% auf 6,6% des mittleren Frauenlohnes gestiegen. Ein maßgeblicher
Faktor für die beobachteten Lohnunterschiede ist die geringere Berufserfahrung von Frauen. Ein weiterer Faktor sind in den
Daten nicht beobachtbare Merkmale wie beispielsweise Unterschiede bei Lohnverhandlungen. Eine detaillierte Untersuchung zeigt
negative Effekte der Krise auf das Arbeitsangebot von Frauen und Männern, jedoch keine zusätzlichen Effekte für Eltern.
Im vorliegenden Beitrag werden die Auswirkungen der Steuerreform 2022/2024 in der im Ministerrat am 15. Dezember 2021 beschlossenen
Fassung mit Hilfe des WIFO-Macromod ex ante abgeschätzt. Dabei werden zwei Modellvarianten verwendet: erstens das Standardmodell,
um den Vergleich mit früheren Steuerreformen zu erleichtern, und zweitens eine Modellvariante, die eine kurzfristig schwächere
Reaktion des privaten Konsums auf Einkommensänderungen unterstellt. Mit der zweiten Variante soll der deutlich erhöhten privaten
Ersparnisbildung in der COVID-19-Krise und ihrem Einfluss auf die private Konsumnachfrage Rechnung getragen werden. Die Variante
mit niedriger Konsumelastizität wurde auch für die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Wirkung der Steuerreformmaßnahmen
durch das WIFO herangezogen. Die Ergebnisse der Modellrechnungen werden jeweils in Form einer kumulierten Abweichung zum Basisszenario
– der mittelfristigen WIFO-Prognose 2022 bis 2026 ohne Steuerreform vom 8. Oktober 2021 – ausgewiesen. Durch die Steuerreform
werden die privaten Haushalte im Zeitraum 2022 bis 2026 um insgesamt rund 25 Mrd. € entlastet (gemäß WIFO-Schätzung). Die
Unternehmen werden ab 2023 (mit effektiver Wirksamkeit ab 2024) bis 2026 kumuliert mit 2,8 Mrd. € unterstützt. Gegenüber den
Begutachtungsentwürfen zum Bundesfinanzgesetz vom 18. November ist die Entlastung der privaten Haushalte in der nunmehr beschlossenen
Fassung der Steuerreform 2022 um 400 Mio. € höher, kumuliert bis 2026 jedoch um 850 Mio. € geringer. Der Einnahmenentgang
des Staates wird durch eine CO2-Bepreisung und durch Mehreinnahmen, die sich aus einer durch die Entlastung induzierten höheren
wirtschaftlichen Aktivität ergeben, gedämpft (2022 um 16% und 2026 um 64%). Gegenüber dem Basisszenario erhöht die Steuerreform
das reale BIP um 0,8% und die Beschäftigung um 27.600 Personen (+0,6%); die Staatsverschuldung nimmt um 13,2 Mrd. € und die
Schuldenquote um 1,5 Prozentpunkte zu (jeweils kumuliert bis 2026).