Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 15.05.2023 0:00
Die Studie betrachtet verschiedene Szenarien der Entkoppelung ("Decoupling") des EU-Binnenmarktes vom internationalen Handel
mit Zwischen- und Vorprodukten. Es werden die Szenarien für Deutschland als Ganzes als auch für die 400 Bezirke berechnet.
Mobilfunksendemasten sind auf den internationalen Kapitalmärkten zu einer eigenen Anlageklasse, die aufgrund von stabilen
und sicheren Zahlungsströmen für Investoren attraktiv ist, avanciert. Auf diesem hoch konzentrierten Markt sind europaweit
einige wenige große Anbieter aktiv. In Österreich wurde die Verwertung von Mobilfunksendemasten erst in der jüngsten Vergangenheit
zum Thema. Grundsätzlich eröffnen sich aus ökonomischer Sicht fünf Handlungsoptionen für die Gestaltung der Eigentumsstrukturen
der partiell im öffentlichen Eigentum stehenden Mobilfunksendemasten. Das Basisszenario (1) der reinen Ausgliederung stellt
in Relation zur Ausgangssituation eine Verbesserung dar, da es betriebswirtschaftliche Vorteile ohne volkswirtschaftliche
Nachteile bringt. Von den vier anderen Varianten scheidet der Verkauf an einen horizontalen Wettbewerber (2) aus wettbewerbsrechtlichen
und -ökonomischen Gründen aus, während der Verkauf an einen "Maverick" (3) dem Verkauf an ein vertikal integriertes Telekommunikationsunternehmen
(4) aus wettbewerbsökonomischen Gründen bzw. der Überführung in öffentliches Eigentum (5) aus Resilienzüberlegungen überlegen
ist. Die Wahl zwischen Verkauf an einen "Maverick" (3) und Überführung in öffentliches Eigentum (5) hängt von der Priorisierung
der Ziele ab, wobei bei kritischen Infrastrukturen zwischen effizienter Ressourcenallokation (Effizienz) und Widerstandsfähigkeit
(Resilienz) ein Zielkonflikt existiert.
Gabriel Felbermayr (WIFO), Inga Heiland (IfW), Martin Mosler, Christoph Schaltegger (Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik)
Auftraggeber: Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Die Schweiz und die Europäische Union (EU) verbindet eine enge bilaterale Zusammenarbeit, wobei im Zeitablauf eine graduelle
Verschiebung von einer reinen Handelsintegration (Freihandelsabkommen von 1972) über eine stärker wirtschaftliche Integration
(Bilaterale I) bis hin zu politischen Integrationsschritten (Bilaterale II) zu beobachten ist. Nachdem die Verhandlungen zu
einem institutionellen Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU an verschiedenen Uneinigkeiten gescheitert sind, stellt
sich für die Schweiz die Frage, ob sie die bilateralen Beziehungen zur EU angesichts der gemeinsamen Interessen nicht primär
im wirtschaftlichen Bereich vertiefen sollte. Diese Studie berechnet die ökonomischen Auswirkungen eines modernisierten Freihandelsabkommens
zwischen der Schweiz und der EU als Basisszenario und vergleicht die Effekte mit einer kompletten Desintegration (nur WTO-regelbasiert)
sowie einer kompletten Integration (EU-Beitritt) als Referenzszenarien. Die Studie zeigt, dass sich auch mit einem modernen,
zusätzlichen Freihandelsabkommen als souveränitätsschonende Alternative zur weiteren politischen Integration in die EU bedeutende
Wohlstandsgewinne erzielen lassen. Eine solche Vertiefung des Marktzugangs müsste in beidseitigem Interesse sein: Ein modernisiertes
Freihandelsabkommen erhöht den Wohlstand für beide Volkswirtschaften und wurde auch bereits im Entwurf des institutionellen
Rahmenabkommens skizziert. Zugleich wurden die Konditionen des CETA-Abkommens von der EU unterzeichnet, was die Umsetzbarkeit
eines ähnlichen Abkommens als praktikabel erscheinen lässt.
With ever-increasing political tensions between China and Russia on one side and the EU and the USA on the other, it only
seems a matter of time until protectionist policies cause a decoupling of global value chains. This paper uses a computable
general equilibrium trade model calibrated with the latest version of the GTAP database to simulate the effect of such a decoupling
– implemented by doubling non-tariff barriers – between the two blocks on trade and welfare. Imposing import barriers almost
completely eliminates bilateral imports. In addition, changes in price levels lead to higher imports and lower exports of
the imposing country group from and to the rest of the world. The targeted country group increases exports to the rest of
the world and reduces imports. Welfare falls in all countries involved, suggesting that governments should strive to cooperate
rather than turn away from each other. By imposing a trade war on Russia, the political West could inflict severe damage on
the Russian economy because of the latter's smaller relative economic size.
Staaten haben schon immer wirtschaftspolitische Instrumente wie Importzölle, Steuern, Sanktionen oder ordnungspolitische Mittel
eingesetzt, um geopolitische Ziele zu erreichen, aber diese Praxis hat mit dem Wiederaufleben internationaler Machtrivalitäten
deutlich zugenommen. Länder wie Österreich und politische Allianzen wie die EU müssen sich dieser neuen Realität stellen und
ihre eigenen geoökonomischen Instrumente schärfen. Dazu ist es wichtig, die wirtschaftlichen Mechanismen zu verstehen und
über bestmögliche Informationen über binnen- und außenwirtschaftliche Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten zu verfügen. Das
wichtigste Instrument für die europäischen Länder ist der EU-Binnenmarkt, dessen Tiefe und Dynamik ein defensives und offensives
Druckmittel im Umgang mit ausländischen Mächten darstellen. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Ergebnisse einer großen WIFO-Studie
zusammen, die den politischen Entscheidungsträgern als Orientierungshilfe dienen soll.
Multiple und gleichzeitige Herausforderungen wie die noch immer nicht ganz bewältigte COVID-19-Pandemie, Verwerfungen in den
globalen Lieferketten, die durch den Ukraine-Krieg verschärfte Energiekrise, die grüne Transformation und vor allem geopolitische
Rivalitäten bewirken eine Wiederentdeckung der Industriepolitik. Viele Länder setzen auf Subventionen, Beschränkungen des
Außenhandels und der Direktinvestitionen sowie auf Ausnahmen im Wettbewerbsrecht, um die heimische Industrie zu fördern. Auch
in Europa stellt sich die Frage, wie mit diesen neuen Bedingungen umgegangen werden soll. Statt industriespezifische Subventionen
oder Ausnahmen im Wettbewerbsrecht auszubauen, sollte eine umfassende Standortpolitik betrieben werden. Die staatlichen Mittel
sollten auf den Ausbau der erneuerbaren Energie, der Infrastruktur und auf eine Ausbildungsoffensive konzentriert werden.
Auf EU-Ebene besteht die beste Industriepolitik darin, den Binnenmarkt weiter zu vertiefen und zu dynamisieren.
Constantinos Syropoulos, Gabriel Felbermayr (WIFO), Aleksandra Kirilakha, Erdal Yalcin, Yoto V. Yotov
This paper introduces the third update/release of the Global Sanctions Data Base (GSDB-R3). The GSDB-R3 extends the period
of coverage from 1950-2019 to 1950-2022, which includes two special periods – COVID-19 and the war between Russia and Ukraine.
The new update of the GSDB contains a total of 1,325 cases. In response to multiple inquiries and requests, the GSDB-R3 has
been amended with a new variable that distinguishes between unilateral and multilateral sanctions. As before, the GSDB comes
in two versions, case-specific and dyadic, which are freely available upon request at GSDB@drexel.edu. To highlight one of
the new features of the GSDB, we estimate the heterogeneous effects of unilateral and multilateral sanctions on trade. We
also obtain estimates of the effects on trade of the 2014 sanctions on Russia.
While international trade can offer gains from specialisation and access to a wider range of products, it is also closely
interlinked with global environmental problems, above all, anthropogenic climate change. This survey provides a structured
overview of the economic literature on the interaction between environmental outcomes, trade, environmental policy and trade
policy. In this endeavour, it covers approaches reaching from descriptive data analysis based on Input-Output tables, over
quantitative trade models and econometric studies to game-theoretic analyses. Addressed issues are in particular the emission
content of trade and emissions along value chains, the relocation of dirty firms and environmental impacts abroad, impacts
of specific trade polices (such as trade agreements or tariffs) or environmental policy (such as Border Carbon Adjustment),
transportation emissions, as well as the role of firms. Across the different topics covered, the paper also tries to identify
avenues for future research, with a particular focus on extending quantitative trade and environment models.
Chinas wachsende politische und wirtschaftliche Bedeutung, das steigende Misstrauen und die Systemrivalität zwischen den USA
und China, gepaart mit der abnehmenden Bedeutung globaler Institutionen wie der WTO erfordern ein stärker geostrategisches
Handeln der EU. Die COVID-19-Pandemie sowie der Russland-Ukraine-Krieg haben die mögliche Verwundbarkeit internationaler Lieferketten
durch zu starke Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern vor Augen geführt und die Dringlichkeit für Anpassungen noch verstärkt.
Die notwendige geoökonomische Neuausrichtung hat bereichsübergreifenden Charakter und verlinkt Außenwirtschaftspolitik mit
außen- und sicherheitspolitischen Interessen, aber auch mit den Zielen der Industriepolitik, Klima- und Energiepolitik, Währungs-
und Finanzmarktpolitik bis hin zur Entwicklungspolitik. Sie stellt große und neue Anforderungen an die Wirtschaftsdiplomatie,
das Design wirtschaftspolitischer Instrumente, die Koordination zwischen nationalen und internationalen Akteuren und die Abwägung
diverser Zielsetzungen aus den unterschiedlichen Politikbereichen. Die Studie beschreibt die wichtigsten geoökonomischen Trends
sowie die damit zusammenhängenden Herausforderungen und leitet daraus wichtige strategische Leitlinien sowie wirtschaftspolitische
Handlungsoptionen für die EU und Österreich ab.